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Vor einigen Jahren hatte ich schon einmal einen Artikel zum Thema "Aktuelle WLAN-Standards" geschrieben, aber seitdem hat sich doch eine Menge getan, so dass eine Auffrischung angesagt ist. Nicht nur gibt es seitdem neue (Ethernet-)Standards, auch eine neue Verschlüsselung wurde entwickelt, und WLAN-Netze spielen eine immer größere Rolle.

Vorbemerkung

Mein letzter (oben verlinkter Artikel) beschrieb die theoretischen Grundlagen und die Umsetzung bis zum Standard 802.11ac. Etwa ab Ende 2018 wurde nun versucht, diese etwas sperrigen und nicht sehr "anwenderfreundlichen" Bezeichnungen loszuwerden und die Standards neu zu benennen. Daraus (bisher) geworden sind: Wi-Fi 4, Wi-Fi 5 und Wi-Fi 6. Wi-Fi 4 ist sozusagen "der Einstieg"; W-Fi 1, 2 oder 3 gibt es nicht. (Trotzdem bietet die Nummerierung eine interne Logik: Wi-Fi 1 wäre 802.11 von 1997 mit 2 MBit/s, Wi-Fi 2 dann 802.11b von 1999 mit 11 MBit/s und Wi-Fi 3 schließlich 802.11g von 2003 mit 54 MBit/s.) Hierzu hat sich die Wi-Fi-Allianz auch neue Logos einfallen lassen, die es sofort erlauben sollen, die vorliegende Variante zu identifizieren:

       W-Fi-Logos

Wi-Fi 4

Wi-Fi 4 ist der vorher als 802.11n bezeichnete Standard. Er dürfte heute in den meisten Haushalten vorherrschen. Mit diesem Standard kann man sowohl im 2,4-GHz-Frequenzbereich als auch im 5-GHz-Frequenzbereich arbeiten. Es können Datenübertragungsraten bis 600 MBit/s, mit der entsprechenden Modulierung (256 QAM) sogar theoretisch bis zu 800 MBit/s erreicht werden. Natürlich müssen sowohl Router wie auch der Netzwerkadapter im Endgerät diese Standards unterstützen.

802.11n nutzt die MIMO-Technik (Multiple Input Multiple Output), die es erlaubt, mehrere Datenströme gleichzeitig über unterschiedliche Antennen zu senden und zu empfangen. Neben der MIMO-Technik nutzt der WLAN-Standard eine Verdopplung der Kanalbreite für Funksignale von 20 auf 40 Megahertz.  Grob gesagt, ist jede Antenne für 150 MBit/s gut.

Um mit 802.11n höhere Datenraten als 150 Megabit pro Sekunde zu erreichen, müssen mehrere (hier zwei bis vier) Datenströme gebündelt werden. Je Datenstrom benötigt die Geräte jeweils mindestens eine Empfangs- und eine Sendeantenne.

Dafür gibt es auch eine neue Schreibweise. Für die jeweils eingesetzten Antennen lautet sie dann folgendermaßen:
150 MBit/s: 1x1 MIMO
300 MBit/s: 2x2 MIMO
450 MBit/s: 3x3 MIMO
600 MBit/s: 4x4 MIMO

Wi-Fi 5

Entstand aus der "Umbenennung" von 802.11ac. Im Dezember 2013 wurde dieser Standard verabschiedet. Das Wichtigste zuerst: Hier geht es nur um das 5-GHz-Band! im 2.4-GHz-Bereich greift dieser Standard nicht.
Mehrere Änderungen wurden gegenüber dem früheren Standard vorgenommen:
- Die Bandbreite eines Kanals kann nun 80 oder sogar 160 MHz betragen.
- Es können mehrere MIMO-Verbindungen gleichzeitig benutzt werden (bis zu 8!).
- Höherwertige Modulationsverfahren werden benutzt (256-QAM mit 3/4 und 5/6 FEC).
- Beamforming kann benutzt werden.

Beamforming beschreibt, wie ein Funksignal durch die Verwendung mehrerer Antennen quasi geformt und dann gezielt auf einen Client ausgerichtet werden kann. Dies erlaubt im Endeffekt sehr hohe Datenraten, optimiert damit die Reichweiten und minimiert die Störungsmöglichkeiten.

Die meisten der momentan auf dem Markt befindlichen Geräte erlauben die Nutzung von 4 MIMO-Verbindungen. Mit einer MIMO-Verbindung können - bei einer Kanalbandbreite von 80 Megahertz und unter Nutzung von 256-QAM - 433 Megabit pro Sekunde übertragen werden. 4x MIMO erlaubt also - unter den gleichen Randbedingungen - 1733 Megabit pro Sekunde. Diesen Wert erreichen auch die aktuellen Fritz-Boxen.

Theoretisch kann die Übertragungsgeschwindigkeit bis zu 6.936 Megabit pro Sekunde betragen. Dazu müsste die Kanalbandbreite 160 Megahertz betragen sowie 8 x MIMO und 256-QAM eingesetzt werden. Der Router mit der höchsten Übertragungsrate, den ich im Netz gefunden habe, überträgt in diesem Standard bis zu 4804 Mbit/s. (Es ist der ASUS - GT-AX11000 ROG, der acht Antennen besitzt und eigentlich ein Wi-Fi-6-Router ist.)

Das 5-GHz-Band

Warum funktioniert so etwas nicht im 2,4-GHz-Band? Das liegt an der grundsätzlichen Bandbreite. Das nutzbare 2,4-GHz-Band reicht von 2.400 Megahertz bis 2.483 Megahertz und umfasst somit nur etwa 80 Megahertz. Für eine Übertragungsleistung von 450 Megabit pro Sekunde ist - bei drei Antennen - mit 40 Megahertz damit bereits die Hälfte des kompletten Frequenzbandes belegt. Befindet sich noch ein zweiter Router in der Nähe, ist das gesamte Band belegt. Weitere Router mindern die nutzbaren Geschwindigkeiten aller TeilnehmerInnen.

Im 5 GHz-Band stehen aber 380 Megahertz an Bandbreite zur Verfügung, nicht nur 80 wie im 2,4-GHz-Bereich! So können für die Kommunikation der Geräte zum Beispiel 19 Kanäle mit jeweils 20 Megahertz, neun Kanäle mit jeweils 40 Megahertz oder vier Kanäle mit jeweils 80 Megahertz genutzt werden. Selbst mit einer Kanalbandbreite von 160 Megahertz stehen insgesamt zwei Kanäle zur Verfügung.

Wi-Fi 6

Dies ist als Umbenennung von 802.11ax entstanden und soll ab Ende 2019/Anfang 2020 eine große Rolle spielen. Verblüffenderweise liegen Vorzüge dieses Standards auch im 2,4-GHz-Bereich, nicht nur bei 5 GHz. Da das Ganze - wie die anderen Standards auch - abwärtskompatibel ist, haben sich eher technische Feinheiten als grundsätzliche Prinzipien geändert. Das Hauptgewicht liegt auf zwei Prinzipien: Bei Anwendungen, die eine hohe Bandbreite benötigen, sorgt der 1024-Quadrature-Amplitude-Modulation-Mode (1024-QAM) für eine bessere Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Bänder und Kanäle. Und die bisherige Technik namens Orthogonal Frequency Division Multiple Access (OFDMA) wird zur Multi User Orthogonal Frequency Division Multiple Access (MU-OFDMA) erweitert.

1024-QAM kann bis 20% mehr Geschwindigkeit gegenüber 256-QAM bringen - setzt aber ein starkes Signal in einer strahlungsarmen Umgebung voraus (gute Sichtverbindung zum Beispiel). In einer Wohnung kann das ja durchaus vorherrschen! Durch MU-OFDMA können 256 statt vorher 64 Einzelverbindungen aufgebaut werden - auch das zeigt, dass es hier eher nicht um mobile Netze geht, sondern eher "viele IoT-Geräte und dann noch mindestens 2x4k-Video-Streams schauen" im Fokus steht.

Router hierfür benötigen dann optimalerweise auch tatsächlich die acht Antennen, die das oben zitierte ASUS-Gerät hat. Dann lassen sich Übertragungsraten von theoretisch 11 GBit/s erreichen - wenn die Geräte 160 MHz und 8x8 MU-MIMO unterstützen.

Der Vorteil von Wi-Fi6 liegt also eher darin, viele Geräte mit einzelnen Streams zu versorgen. Das ist tatsächlich durch bestimmte Verfahren gut gelöst. Die gegenseitigen Beeinträchtigungen wurden hier minimiert.

Über die Verteilung eines 16.000er-Internetanschlusses müssen wir hier nicht reden - bei Wi-Fi6 geht es eher darum, sämtliche LAN-Kabel einzusparen und eine inhouse-Vernetzung rein auf WLAN-Basis aufzubauen. Streamen vom NAS zum TV in höchster Geschwindigkeit, Kommunikation von Endgeräten untereinander als wären sie mit Kabeln vernetzt - das ist das Ziel. Hierzu können mehrere Verbindungen aufgebaut werden, die dann die einzelnen Ansprüche optimal bedienen können.

Aber auch die Kabelanbindung spielt natürlich bei diesen theoretisch denkbaren Geschwindigkeiten eine Rolle: AVM stellt zum Beispiel die Fritzbox (cable) 6660 her, die Wi-Fi6 beherrscht. Sie kann im 2,4 GHz-Band mit bis zu 600 Bit/s und im 5 GHz-Band mit bis zu 2,4 MBit/s arbeiten. Für den Anschluss an ein verkabeltes LAN hat sie einen 2,5 GBit/s-Port - ein Anschluss, der (passende Switches vorausgesetzt) mit oft vorhandenen Cat-5e-Kabeln realisiert werden kann.

Mesh und Triband

Ein "Mesh" ist momentan schwer "in". Spielt plötzlich noch ein drittes Band eine Rolle? Nein, um ein Mesh ("Netz") zu realisieren, haben die Geräte typischerweise zwei 5-GHz-Funkmodule sowie eines im 2,4-GHz-Bereich (deswegen irreführenderweise Triband). Das zweite 5-GHz-Modul dient dann dazu, quasi den "Backbone", also den Ersatz für das LAN-Kabel zu bilden. Realisiert wird dies, indem ein Modul auf den unteren und eines auf den oberen Kanälen des 5-GHz-Bandes arbeitet.

Sinn des Meshs ist es, auf einer größeren Fläche eine bessere Anbindung zu geben. Schon lange existiert dafür das Protokoll 802.11s, das tatsächlich anders arbeitet als ein einfacher Repeater, der ja nur das vorhandene Signal verstärkt. In einem Mesh suchen sich die Endgeräte quasi den Zugangspunkt mit der besten Verbindung aus allen existierenden heraus. AVM bietet einige Geräte an, die zusammen mit bestimmten Fritzboxen gut harmonieren. In dem Mesh benötigt man dann nur einen Schlüssel, weil überall die gleiche SSID vorherrscht. Bewegt man sich in einem Mesh, kann sich also die Verbindungsstrecke ändern, je nachdem, welcher Access-Point zur Zeit die beste Verbindung anbieten kann.

WPA3

Nun geht es um die Verschlüsselung des WLANs. Ab iOS 13, macOS 10.15, Android 10, Kubuntu 20.04 oder Windows 10 1903 kann hierfür WPA3 theoretisch eingesetzt werden. (WPA2 gibt es schon seit ca. 2004, davor gab es WPA und WEP.) Natürlich müssen die entsprechenden Geräte - besser, ihre Treiber - auch WPA3 unterstützen. Damit sieht es zur Zeit (Oktober 2020) ein bisschen mau aus. AVM bietet für einige Geräte ein Fritz-OS >= 7.20 an, das dieses Merkmal dann bietet.

Warum eine neue Verschlüsselungstechnik? Vor einigen Jahren stellte sich heraus, dass WPA2(-Personal) anfällig gegen Attacken quasi auch im Nachhinein ist: Nachdem Verbindungsaufbau treten die beiden Gegenstellen in einen sogenannten "Key-Handshake" ein, das heißt, sie tauschen die Schlüssel aus - aber dieser Handshake findet unverschlüsselt statt. Dies kann man beobachten oder mitschneiden und mithilfe eines Wörterbuches durchprobieren, welches Passwort zu den dabei ausgetauschten kryptografischen Prüfsummen passt. Da die Rechner immer leistungsfähiger werden (über Quantencomputer wollen wir noch gar nicht reden!), besteht hier eine echte Gefahr. So kann zum Beispiel im Nachhinein eine komplett aufgezeichnet Session entschlüsselt werden, und es kann Kenntnis über Passwörter etc. gewonnen werden. Mit WPA3 geht dies so nicht mehr, der Schlüsselaustausch findet schon verschlüsselt statt und ein nachträgliches Entschlüsseln soll auch nicht mehr möglich sein, da die gebildeten Schlüssel spätestes am Ende der Verbindung nicht mehr vorhanden sind. Auch ist - bei einem Durchprobieren - für jedes Passwort ein neuer Verbindungsaufbau nötig, so dass sich das Ganze extrem in die Länge ziehen würde und auch beobachtet werden kann.

Schon mit WPA3 ausgerüstete Router bieten einen "Mixed-Mode" an, um auch mit älteren Geräten zusammen arbeiten zu können. Steht WPA3 nicht durchgängig zur Verfügung, kann auf WPA2 umgestellt werden. Wie WPA2 arbeitet auch der neue Standard mit einem "Passwort" - und wie schon bisher soll dieses möglichst lang und zufällig gebildet ("erwürfelt") sein.

Die Zukunft

Ich denke nicht, dass 5G das WLAN überflüssig machen wird, da die Entwicklung hier auch weiter gehen  will. Geplant ist, ein 6-GHz-Band aufzubauen und mitzunutzen. Wi-Fi 6E soll die neue Norm heißen und natürlich neue Geschwindigkeitsrekorde aufstellen. Die Bundesnetzagentur aber hat die neuen Frequenzen hierfür noch nicht freigegeben. Es soll 2021  soweit sein - "schaun mer mal"!