Besonders bei Makroaufnahmen tritt das Problem der sehr geringen Schärfentiefe deutlich zu Tage. Der Schärfebereich erstreckt sich manchmal nur über Bruchteile eines Millimeters. Aber mit einer bestimmten Art der Bildbearbeitung kann man dagegen etwas tun.
Vorbemerkung
Warum ist das denn so? Nun, Makroaufnahmen sind Abbildungen eines Gegenstandes, dessen Bild auf dem Film/Sensor etwa die gleiche Größe hat wie in der Realität. Dies nennt man dann einen Abbildungsmaßstab von 1:1. Nach DIN 19040 ist alles im Bereich von 10:1 bis 1:10 eine Makroaufnahme. Oft wird auch mit der Entfernung des Objekts von der Frontlinse argumentiert: Alles bis 2 cm zählt als Makroaufnahme. Mit normalen Objektiven erreicht man im allgemeinen maximal einen Abbildungsmaßstab von 1:7 bis 1:10. Der Abbildungsmaßstab ist definiert als "Größe auf dem Sensor" (=Bildgröße) : "Größe des Objekts" (=Gegenstandsgröße).
Wie kann man denn eine Makroaufnahme erstellen?
Meist wird eine der vier folgenden Möglichkeiten genutzt:
- Eine Vorsatz- oder Nahlinse. Sie "korrigiert" die Brennweite des Objektivs nach dem Prinzip einer Brille. So werden die Stärken dieser Linsen auch im allgemeinen in Dioptrien angegeben. Eine "achromatische" (=auf spezielle weise farbkorrigierende) Vorsatzlinse mit +10 Dioptrien von einem Markenhersteller wird mindestens ca. 50.- € kosten, einfache Nahlinsen gibt es - je nach Größe - ab 5 - 10.- €.
Nachteil: die Nahlinse hat einen bestimmten Durchmesser und passt unter Umständen nicht auf alle vorhandenen Objektive. - Ein spezielles Makro-Objektiv. Dies ist sicher die beste, aber leider auch sicherlich die kostspieligste Variante. Der Vorteil des Objektivs liegt darin, dass es speziell für die Verhältnisse im Nahbereich berechnet wurde und so optimale Ergebnisse liefern wird. Außerdem hat es eine ganz normale Brennweite (meist im Bereich von 60 bis 100 mm) und kann damit auch für die normale Fotographie benutzt werden.
- Nutzung eines Balgengeräts. Dieses arbeitet nach dem gleichen Prinzip wie ein Zwischenring, erlaubt aber eine stufenlose Einstellung des Abstands von Objektiv und Bildebene. Meist sind damit starke bis sehr starke Vergrößerungen möglich.
- Nutzung von Zwischenringen. Zwischenringe (sie heißen so, weil sie zwischen das Objektiv und die Kamera eingebaut werden) verlängern den Abstand zur Bildebene und erhöhen damit den Maßstab. Die Ringe haben eine bestimmte, unveränderliche Länge, lassen sich aber kombinieren und sind zu einigermaßen günstigen Preisen erhältlich.
Schärfentiefe
Leider erschwert die Physik den Makrofotographen das Leben ein bisschen: Mit Schärfentiefe bezeichnet man den Bereich, in dem sich ein Objekt befinden muss, um scharf abgebildet zu werden. Dieser "scharfe Bereich" um einen Gegenstand ist einmal abhängig von der Gegenstandweite, aber auch der eingestellten Blende. "Scharf" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich die Lichtstrahlen, die vom fotografierten Objekt ausgehen, und durch die Linse(n) gebrochen werden, möglichst wieder in einem Punkt vereinen sollen. Dies ist konstruktionsbedingt schwierig, denn es gibt Lichtstrahlen, die eher am Rand der Linse einfallen, und welche, die quasi durch die Mitte gehen. Und dann hat das Licht auch noch verschiedene Farben, was leicht unterschiedliche Brechungen verursachen kann. (Deswegen haben Objektive mehr als eine Linse: alles nur zur Korrektur dieser Probleme!) Unschärfe entsteht, wenn eben nicht genau ein (Sammel-)Punkt getroffen wird - und das ist eigentlich von vielen Lichtstrahlen zu erwarten, außer von denen, die von einem Objekt in genau der eingestellten Entfernung ausgehen. Da ein Sensor heutzutage aus einzelnen Pixeln besteht, und somit eine gewisse kleinste Punktgröße vorhanden ist, spielt auch diese eine Rolle.
Aber auch ein kleiner Bereich um den idealen Treffpunkt wird vom Auge noch als "scharf" angesehen, so entsteht die Schärfentiefe.
Der Bereich der Schärfentiefe bei Makroaufnahmen ist SEHR klein. Man kontrolliert ihn während der Aufnahme entweder über so etwas wie ein "Live-View", also ein LC-Display auf der Rückseite der Kamera, oder berechnet ihn bzw. schaut ihn in Tabellen nach. Im Internet findet man viele "DOF"-Rechner (Depth-of-field) zu diesem Zweck - es gibt aber auch Apps für die verschiedenen Smartphones, in denen man dann sogar die verwendete Kamera und das benutzte Objektiv einstellen kann.
Starkes Abblenden vergrößert den Bereich der Schärfentiefe – aber bei der Makrofotographie leider nicht sehr! Eine Blende verkleinert quasi den Durchmesser des Objektivs und lässt damit nur einen Teil der vorhandenen Lichtstrahlen (nämlich die aus der Mitte) durch. Das erhöht die Schärfe.
Das Bild rechts soll dies verdeutlichen. Wir sehen einige Strahlen, die von links auf die Linse fallen. Die rot markierten treffen sich nicht genau an der gleichen Stelle wie die schwarzen: Unschärfe entsteht. Blendet man ab (schwarze senkrechte Striche oben und unten), werden die Randstrahlen abgeschnitten. Die roten Linien fallen dadurch weg.
Hier eine kleine Tabelle mit einigen Werten zu verschiedenen Brennweiten und Blenden:
Brennweite | Blende | Abstand | Beginn Schärfe | Ende Schärfe | Bereichgröße |
---|---|---|---|---|---|
60 mm | 1:4 | 10 cm | 9,99 cm | 10,01 cm | 0,2 mm |
60 mm | 1:22 | 10 cm | 9,95 cm | 10,05 cm | 1 mm |
100 mm | 1:22 | 6 cm | 5,99 cm | 6,01 cm | 0,2 mm |
Man sieht, dass man also keine Fliege oder Blüte mit einer Makroaufnahme scharf abbilden kann - der Bereich der Schärfentiefe ist einfach zu gering. Was tun?
Focus-Stacking
Das Prinzip des Focus-Stackings ist darin begründet, dass man eine Reihe von (Makro)-Aufnahmen mit leicht verändertem Fokus macht. Man stellt also quasi schichtweise auf das Objekt scharf und erstellt jeweils eine Aufnahme. Dies erzeugt "eigentlich" ein neues Problem, denn damit ändert sich mit jeder Aufnahme leicht die Perspektive und damit unter Umständen auch zum Beispiel die Objektgröße in der Aufnahme. Mit bestimmter Software aber kann man dieser Problematik zu Leibe rücken, und aus den verschiedenen Aufnahmen EIN Bild mit einer durchgehenden Schärfe erstellen. Damit befasst sich dieser Artikel.
Dazu müssen in den verschiedenen Aufnahmen jeweils die scharfen Bereiche ausgewählt und dann alle Auswahlen zu einem neuen Bild kombiniert werden.
Variante "Photoshop"
Photoshop beherrscht diese Technik mit einer Art Automatik ab CS3. Diese Automatik ist sehr bequem zu handhaben, da sie auch leichte Abweichungen im Bildwinkel in den Bildern auffangen und korrigieren kann. Hat man so etwas nicht zur Verfügung, muss man ein zeitaufwändiges "Preprocessing" vornehmen, und deckungsgleiche Bilder aus dem Ausgangsmaterial erzeugen.
Allerdings ist das Ganze in Photoshop gut versteckt. Als Erstes muss man über Alle Bilder mit Datei -> A utomatisieren -> Photomerge die zu kombinierenden Fotos auswählen (siehe Bild rechts). Eigentlich ist diese Funktion für das Zusammenfügen von Einzelbildern zu Panoramen vorgesehen. Wenn man aber das Layout "Auto" einstellt und die Option „Bilder zusammen überblenden“ abwählt, kann man sie zu unserem Zweck nutzen.
Photoshop lädt dann alle Bilder in einen Ebenenstapel und richtet sie weitgehend zueinander so aus, dass sie möglichst deckungsgleich sind.
Als nächstes muss man nun alle Ebenen auswählen. Wenn nötig, kann man Bearbeiten –> „Ebenen automatisch ausrichten“ benutzen, oft ist dies aber schon im letzten Schritt geschehen. Nun wird nur noch Bearbeiten –> „Ebenen automatisch überblenden“ angewählt, wobei hier „Bilder stapeln“ angeklickt sein muss. Dann OK klicken und voila: Fertig!
Das Ergebnis ist ein in allen möglichen Bildpartien scharfes Bild (was NIRGENDWO bei den Einzelaufnahmen scharf war, kann natürlich auch in der Kombination nicht scharf sein!). Wie hat Photoshop das gemacht?
Schauen wir uns die Einzelbilder mal genauer an, indem wir von den einzelnen Ebenen immer nur eine sichtbar schalten.
Wir sehen, dass Photoshop automatisch immer die scharfen Anteile in einem Bild maskiert hat, und die Masken perfekt aufeinander passen. So entsteht dann das Gesamtbild.
Kommentare
Die interessante Frage wird leider außen vor gelassen:
Fliege
M5543, Schriftführer und Leiter der RG600 im AUGE e.V.