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Wer eine ausgereifte Office-Suite braucht, aber Bill Gates nicht noch reicher machen will, findet in OpenOffice.org 2 ein Softwarepaket, das praktisch alles beherrscht, was Microsoft Office kann – und an einigen Stellen noch deutlich mehr.

Mit Version 2 hat OpenOffice.org in Sachen Funktionsumfang und Usability einen gewaltigen Schritt nach vorn getan und macht nun Microsoft-Flüchtigen den Umstieg so einfach wie möglich: Nach dem Start fällt auf, dass die Entwickler die Oberfläche noch mehr in Richtung Microsoft Office getrimmt haben – wer Word und Excel kennt, muss in Writer, Calc und Co. nicht lange nach den jeweiligen Befehlen suchen. Die OpenOffice.org-Anwendungen lassen sich auch so einstellen, dass sie Dateien automatisch im jeweiligen Microsoft-Format speichern, was den Datenaustausch erleichtert.

Zudem wurden die Import- und Exportfilter für die Formate von Word, Excel und Powerpoint nochmals überarbeitet. Abgesehen von wenigen Details lassen sich formatierte Texte mit Tabellen und Bildern, Excel-Tabellen und Powerpoint-Präsentationen in OpenOffice.org einlesen. Lediglich VBA-Makros kann OpenOffice.org nicht übernehmen – die gilt es, von Hand in OpenOffice.org Basic nachzuprogrammieren. Zu den Details, wo es zu Importproblemen kommen kann, sind Kommentare aus Word 97 und komplexe Tabellen aus Word. Erfreulicherweise gehören zum Lieferumfang jetzt auch Importfilter für Wordperfect und Lotus 1-2-3. Der PDF-Exportfilter wurde ebenfalls verbessert: Er kommt nun auch mit Inhaltsverzeichnissen und Hyperlinks zurecht und erlaubt die Komprimierung eingefügter Bilder.
Während Microsofts Bürosoftware nur unter Windows und Mac OS X läuft, ist OpenOffice.org auch für Linux, Solaris und FreeBSD erhältlich. In einer Reihe von Linux-Distributionen, etwa Suse oder Ubuntu, ist OpenOffice.org gleich mit auf der CD bzw. DVD enthalten.


OpenOffice.org Base unterstützt alle wichtigen Datenbankformate - von dBase und Access bis SQL


Offenes Dokumentenformat
Die auf lange Sicht wohl wichtigste Neuerung ist die Einführung des OpenDocument-Formats: OpenOffice.org 2.0 speichert Dateien im Standardformat OpenDocument. Dieses Dokumentenformat wird von der OASIS empfohlen und wurde vor kurzem als ISO-Standard vorgeschlagen; die OASIS ist ein Zusammenschluss praktisch aller wichtigen Anbieter in der IT, darunter Computer Associates, IBM, Microsoft, Novell, Oracle und Sun (Microsoft will OpenDocument allerdings bislang nicht unterstützen). Via OpenDocument lassen sich formatierte Dokumente ohne Probleme zwischen allen Programmen austauschen, die dieses Format unterstützen. Dazu gehören heute schon Abiword, OpenOffice 1.1.5 und Textmaker 2005 - alle drei können OpenDocument-Dateien allerdings nur importieren. OpenDocument lesen und schreiben können derzeit IBM Workplace, Koffice, Star Office 8 und das DTP-Programm Scribus – Corel hat die Unterstützung dieses Formats für Wordperfect angekündigt. Der große Vorteil von OpenDocument: Es basiert auf einem öffentlich dokumentierten XML-Format, das mit dem Packalgorithmus ZIP komprimiert wurde. Dadurch kann man eine OpenDocument-Datei nach dem Entpacken mit jedem beliebigen Texteditor öffnen und hat so Zugang zu den darin gespeicherten Daten. OpenDocument hat das Potenzial, zum Dokumentenaustauschformat der Zukunft zu werden: Es wurde als internationale Norm bei der International Standards Organisation (ISO) vorgeschlagen, zudem haben erste Behörden, zum Beispiel in Massachussetts, angekündigt, nur noch Software einzusetzen, die OpenDocument beherrscht.
Zum Schutz eines Dokuments können Sie dieses verschlüsselt speichern und es zusätzlich mit einer digitalen Signatur versehen. Die Verschlüsselungsfunktion basiert auf einem XML-Verschlüsselungsalgorithmus und ist nicht kompatibel zu der aus Word und Excel: In Word oder Excel verschlüsselte Dateien lassen sich mit Writer bzw. Calc nicht öffnen – und umgekehrt.

Eigene Datenbank
Während die kommerzielle Fassung Star Office von Sun seit längerem mit einer eigenen Datenbank, nämlich Adabas, kommt, hat OpenOffice.org erst in Version 2.0 eine eigene Datenbank erhalten: Base besteht aus der in OpenOffice.org integrierten Open-Source-Datenbank HSQLDB und einem Frontend für praktisch alle wichtigen Datenbanken. Dazu unterstützt Base neben Adabas, Microsoft Access, dBase und MySQL alle Datenbanken, die kompatibel zum Industriestandard ODBC oder zu JDBC sind. Darüber hinaus kann Base auch auf LDAP-kompatible Adressbücher, zum Beispiel aus Microsoft Outlook und Mozilla zugreifen.
Assistenten helfen beim Anlegen neuer Tabellen, Abfragen, Formulare und Berichte. Gerade für Einsteiger ist der Tabellenassistent sehr hilfreich: Er bringt eine Reihe fertiger Standardtabellen aus dem geschäftlichen und privaten Bereich mit, hier muss der Nutzer nur noch die benötigten Felder auswählen und in die gewünschte Reihenfolge bringen. Wer mehr Flexibilität und Kontrolle haben will, kann Tabellen, Abfragen, Formulare und Berichte auch in einer Entwurfsansicht erzeugen. Darin definiert er die notwendigen Elemente, beispielsweise die Feldnamen und -eigenschaften sowie die Datentypen für eine Tabelle.

Verbesserungen im Detail: Writer
Die spektakulärste Neuerung in Writer ist der Tabelleneditor, der sich in der vorliegenden Fassung nicht mehr hinter dem aus Word verstecken muss. Damit lassen sich Tabellen deutlich einfacher als bisher anlegen, gestalten und verändern – dazu steht eine eigene Symbolleiste wie in Word sowie ein umfangreicher "Eigenschaften"-Dialog zur Verfügung. Außerdem sind nun auch verschachtelte Tabellen möglich: Sie können jetzt in einer Tabellenzelle eine neue Tabelle einfügen. Das kann vor allem beim Export ins HTML-Format nützlich sein. Wer will, kann nun auch zwei Tabellen nebeneinander anordnen. Darüber hinaus ist nun endlich die nervige Zahlenerkennung von vornherein ausgeschaltet: Die richtet Zahlen automatisch am unteren Zellenende aus, führt aber dazu, dass Writer bei der Eingabe von Zahlen in eine Tabelle immer wieder lästige "Denkpausen" einlegt und Zahleneingaben mitunter eigenwillig interpretiert.


Der Tabellenassistent aus Base bringt schon fertige Tabellen mit, aus denen man sich einfach die passenden Felder herauspickt.

Allerdings bedeutet das, dass Sie, wenn Sie in einer Writer-Tabelle mit Formeln rechnen wollen, den Zellinhalt von Hand als "Zahl" deklarieren müssen: Mit der rechten Maustaste in die Zelle klicken, den Befehl "Zahlenformat" aufrufen und dann "Zahl" und die gewünschte Zahlenformatierung auswählen.
Insbesondere für Einsteiger ist der Serienbrief-Assistent eine hilfreiche Neuerung. Wer schon Erfahrung mit Writer hat, kommt über eine Werkzeugleiste mit den am häufigsten benötigten Funktionen für den Serienbriefdruck schneller zum Ziel.
Praktisch ist die Möglichkeit, Textabschnitte nun über Zeichen- und Absatzformate als "bedingten Text" zu definieren und auf Wunsch zu verstecken – so lassen sich alternative Versionen eines Dokuments in der gleichen Datei speichern. Über eine weitere Neuerung freuen sich insbesondere Journalisten: Writer 2.0 bringt nun eine bessere Wortzählfunktion mit, die die Anzahl der Anschläge und Wörter innerhalb einer Markierung sowie die Anzahl in der gesamten Datei anzeigt.
Wer die Rechtschreibkorrektur in Writer, Impress oder auch Calc nutzt, sollte unbedingt die aktuellste Version von OpenOffice.org einspielen: Mit Version 2.0.2 kam ein neues deutschsprachiges Korrekturwörterbuch hinzu. Das wird bei der Installation bereits eingerichtet (früher musste man das Wörterbuch erst über den Befehl "Datei, Assistenten" nachinstallieren), zudem ist es treffsicherer.

Neuerungen in Calc
Die Tabellenkalkulation Calc kann nun – wie Excel – mit Arbeitsblättern umgehen, die bis zu 65.536 Zeilen umfassen. Auf diese Weise gibt es keine Probleme beim Import sehr langer Excel-Tabellen mehr. Ebenfalls aus Gründen der Kompatibilität wurde der Kopf- und Fußzeilendialog erweitert und bietet nun eine Reihe vordefinierter Elemente an.
Das Datenanalyse-Werkzeug "Datenpilot" wurde erweitert, so dass es besser mit Pivot-Tabellen aus Excel zurecht kommt. Allerdings gibt es nach wie vor kein Pendant zu den Pivot-Charts aus Excel. Die Diagramme lassen sich zwar auf der Grundlage der Datenpilot-Tabelle mit Calc nachbauen, es fehlt aber der Komfort von Excel, weil Calc mehr Handarbeit erfordert.
Dafür lassen sich jetzt auch Szenarien anlegen und vor versehentlichen Änderungen schützen (der Schutz war bisher nicht möglich). Über Szenarien definieren Sie Listen mit möglichen Werten für Zellenbereiche und lassen dann in Abhängigkeit vom gewählten Szenario die entsprechenden Werte in die Zellen eintragen.

Impress und Draw
Das Präsentationsprogramm Impress arbeitet dank einer neuen Engine spürbar schneller. Außerdem wurde die Anzahl der Übergangseffekte erweitert, so dass Impress nun mit fast allen Effekten aus Powerpoint zurecht kommt. Lediglich Hyperlinks aus Powerpoint-Folien gehen beim Import in Impress manchmal verloren. Praktisch ist der Exportfilter, über den sich eine Impress-Präsentation in eine PDF-Datei umwandeln lässt, bei der die Effekte beim Wechsel zur nächsten Folie in PDF-Effekte umgesetzt wird – soweit das möglich ist. Eine zu "Pack & Go" aus Powerpoint vergleichbare Funktion gibt es in Impress nicht.


Beim PDF-Export in Writer können Sie Hyperlinks und das Inhaltsverzeichnis in PDF-Tags umsetzen lassen - aktivieren Sie dazu die Option "Tagged PDF".

Wer eine Impress-Präsentation auf einem fremden Rechner vorführen will, muss also darauf achten, dass darauf Impress installiert ist – oder die Präsentation im Powerpoint-Format speichern. Im Test hat das selbst mit umfangreichen Impress-Dateien mit Animationen gut geklappt.
Auch Draw wurde in Sachen Kompatibilität verbessert: So werden die Autoformen aus Microsoft-Dokumenten jetzt korrekt übernommen. Außerdem wurde die Symbolleiste in Draw an die von Microsoft Draw angepasst. Es stehen nun verschiedene Elemente wie Flußdiagramme, Sterne, Blockpfeile und Symbole zur Verfügung. Außerdem wurden die Pfeile in der Linien-Symbolleiste vereinfacht.

Fazit
OpenOffice.org ist eine ausgereifte Bürosoftware, die sich hinter Microsoft Office keinesfalls verstecken muss. An verschiedenen Stellen ist das freie Office-Paket dem kommerziellen Produkt sogar deutlich überlegen. Beispielsweise beim PDF-Export (Microsoft Office wird das erst in der nächsten Version können) oder bei dem durchgängigen Vorlagenkonzept: Alle OpenOffice.org-Anwendungen arbeiten mit Vorlagen, selbst im Grafikprogramm Draw lassen sich Elemente schnell und einheitlich über Vorlagen gestalten. In Microsoft Office verfügen nur Word und Excel über Vorlagen, wobei Writer und Calc da deutlich weiter gehen und selbst für Text- und Bildrahmen Vorlagen anbieten.
Durch die Datenkompatibilität zu Word und den anderen Microsoft-Anwendungen gibt es für Privatanwender keinen wirklichen Grund mehr, nicht zu wechseln. Für Firmen und Organisationen ist nicht zuletzt das OpenDocument-Format ein guter Grund für den Umstieg auf die freie Software. Schließlich bietet es einen offenen, definierten Standard und damit Zukunftssicherheit.

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Der Autor Franz Grieser lebt und arbeitet als freiberuflicher Journalist, Buchautor und Coach im Süden von München (E-Mail: fgrieser@gmx.de)  

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