Was in meiner Jugend das Tonbandgerät war, ist heute mein Klapprechner. Sein Ventilator ist meistens fast nicht zu hören; das war die erste Voraussetzung. Die zweite ist eine breitbandige Internet-Verbindung und die dritte eine Flatrate.
Normalerweise ist schon genügend Software installiert, so dass im Browser ein Klick auf "Livestream" o.ä. genügt, und das Radioprogramm ist über den Computer zu hören. Beispiel:
Bayerischer Rundfunk > (BR-Mediathek) Live > ( Radio live im Internet ) Bayern 2
Wenn das funktioniert, gilt es das Programm Streamripper zu installieren, eine plattformunabhängige Software, über die man sich z.B. in Wikipedia informieren kann. Dort ist (rechts) die Website angegeben, und dort wiederum (links) ein Verweis auf die Streamripper-Downloads. Sie gibt es als Installer für Windows und als tar.gz-Datei für Selbstkompilierer. Zumindest für Ubuntu geht es noch bequemer, mit dem Paket streamripper.
Die unten folgenden Beispiele sind erprobt mit Xubuntu 8.10 und dem zugehörigen Paket, das die Version 1.63.5 des Streamrippers geliefert hat:
streamripper -v Streamripper 1.63.5
Die Hauptanwendung von Streamripper ist es, Livestreams in den Formaten Icecast und SHOUTcast mitzuschneiden und dabei in die einzelnen Nummern zu zerlegen. Hier aber soll es um die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gehen, die ihr Programm zusätzlich als Livestream anbieten.
Die Internetadressen der Livestreams
Internetadresse und Format des Livestreams sind manchmal schlecht dokumentiert, dann hilft nur Probieren in einer Konsole, einem Terminal, oder wie auch immer das gerade heißt. Eine bloße Eingabezeile wäre zu wenig, weil dann die Antworten von Streamripper nicht zu sehen wären.
Z.B. MDR Figaro: Auf der Website findet sich (links) der Verweis "Radio hören". Im Firefox lässt sich die zugehörige Internetadresse mit Rechtsklick und "Link-Adresse kopieren" in eine Zwischenablage befördern. In der Konsole startet man damit Streamripper und erhält:
streamripper http://avw.mdr.de/livestreams/mdr_figaro_live_128.m3u Connecting... error -65 [SR_ERROR_CANT_PARSE_M3U] bye.. shutting down
Also hat zwar die Verbindung geklappt, aber mit dem Format des Livestreams kommt Streamripper nicht klar. In solchen Fällen probiert man nach dem Rechtsklick "Ziel speichern unter" und erhält - mit etwas Glück - eine kleine Textdatei. Bei MDR Figaro lautet sie
#EXTM3U http://c22033-l.i.core.cdn.streamfarm.net/22007mdrfigaro/live/3087mdr_figaro/live_de_128.mp
Also probiert man es mit dieser Adresse und siehe da:
streamripper http://c22033-l.i.core.cdn.streamfarm.net/22007mdrfigaro/live/3087mdr_figaro/live_de_128.mp3 Connecting... stream: MDR Figaro server name: Icecast 2.3.2 bitrate: -1 meta interval: 16000 [Skipping... ] - [ 17kb]
In der Voreinstellung läuft Streamripper ewig und ist darauf gefasst, irgendwie unterbrochen zu werden. Er hinterlässt also normalerweise keinen Datenmüll, wenn er durch Herunterfahren, Schließen des Fensters oder Strg+C unterbrochen wird. Wenn ich Strg+C drücke, dann wird der Anfang von "Skipping" überschrieben, und in der Konsole steht jetzt Folgendes:
streamripper http://c22033-l.i.core.cdn.streamfarm.net/22007mdrfigaro/live/3087mdr_figaro/live_de_128.mp3 Connecting... stream: MDR Figaro server name: Icecast 2.3.2 bitrate: -1 meta interval: 16000 ^Ckipping... ] - [ 251kb] shutting down bye..
Beim Hessischen Rundfunk funktioniert der Link direkt:
hr-online.de > Radio > Podcast & Web-Radio > Zum hr2-Livestream > MP3-Stream (128 kBit/s):
streamripper http://metafiles.gl-systemhaus.de/hr/hr2_2.m3u Connecting... stream: HR2 server name: Limecast 2.0.0 bitrate: -1 meta interval: 8192 [Skipping... ] - [ 81kb]
Bayern 1 |
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Bayern 2 |
|
Deutschlandfunk |
|
Deutschlandradio Kultur |
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hr2 kultur |
|
MDR Figaro |
http://c22033-l.i.core.cdn.streamfarm.net/22007mdrfigaro/live/3087mdr_fi... |
Streamripper anpassen
Streamripper versucht, den Livestream in Songs zu unterteilen. Dazu vergleicht er aufeinanderfolgende Metadatenblöcke, in denen normalerweise Titel, Interpret usw. übermittelt werden. Wenn diese Informationen gewechselt haben, versucht er, zwischen dem alten und dem neuen Metadatenblock eine Pause zu finden. Bei Radiosendungen, die sich dazu nicht eignen, funktioniert das entweder gar nicht, oder führt dazu, dass der letzte Teil der Sendung den vorherigen überschreibt. Dagegen hilft die Option "-a". Optionen müssen beim Streamripper nach der Internetadresse angegeben werden:
streamripper http://metafiles.gl-systemhaus.de/hr/hr2_2.m3u -a
So ließe sich eine Sendung schon mitschneiden. Sie landet in einem Unterverzeichnis unter einem automatisch erzeugten Namen, z.B. "HR2/sr_program_2009_06_24_13_09_01.mp3". Streamripper erzeugt zusätzlich eine kleine Textdatei, z.B. "HR2/sr_program_2009_06_24_13_09_01.cue", die hier keine interessanten Informationen enthält, sich anscheinend aber auch nicht abschalten lässt.
Den Namen der beiden Dateien kann man vorgeben, indem man ihn hinter "-a" und ohne Endung angibt:
streamripper http://metafiles.gl-systemhaus.de/hr/hr2_2.m3u -a meinDateiname
Mit diesem Befehl entstehen zusätzlich im aktuellen Verzeichnis die Dateien "meinDateiname.cue" und "meinDateiname.mp3". Das automatisch erzeugte Unterverzeichnis ist jetzt nicht mehr nötig und kann mit "-s" abgeschaltet werden. Ebenso läuft die Erzeugung einzelner Songs ins Leere und kann mit "-A" abgeschaltet werden.
Für die Dateinamen stehen Platzhalter zur Verfügung, vor allem "%D" für Datum und Uhrzeit des Zeitpunkts, zu dem die Aufnahme gestartet wurde. Das Format der Zeitangabe ist das selbe wie oben in den automatisch erzeugten Namen.
streamripper http://metafiles.gl-systemhaus.de/hr/hr2_2.m3u -a %D -s -A
Unter Windows muss man möglicherweise "%%D" statt "%D" schreiben.
Den Dateityp ".mp3" hat Streamripper aus den Metadaten entnommen. Der Deutschlandfunk z.B. ist nicht auf MP3 beschränkt. Zitat: "Beim Ogg-Vorbis-Format handelt es sich um eine leistungsfähige Alternative zum MP3-Format, die bei gleicher Dateigröße hörbar besser klingt." Wenn man sich also für diesen Livestream entscheidet, dann erzeugt Streamripper den Dateityp ".ogg".
Die Audio-Datei wächst bis Streamripper beendet wird. Wenn die Länge der Sendung vorher bekannt ist, kann man die Option "-l Sekunden" nutzen. Eine halbstündige Sendung von Hessen 2 würde man als folgendermaßen mitschneiden:
streamripper http://metafiles.gl-systemhaus.de/hr/hr2_2.m3u -a %D -s -A -l 1800
Mithören
Wer während der Aufnahme mithören will, braucht die Option "-r", eventuell mit Portnummer, z.B. "-r 8888". Die voreingestellte Portnummer ist 8000. Wenn der Port nicht frei ist, sucht Streamripper nach dem nächsten freien. Wer das nicht will, gibt zusätzlich "-z" ein.
Die Mithörquelle ist localhost, und wenn der Livestream nicht im Format MP3 gesendet wird, muss man das normalerweise zusätzlich angeben. Mit dem Abspielprogramm Totem sieht das bei mir folgendermaßen aus:
totem http://localhost:8000/ totem http://localhost:8000/.ogg totem http://localhost:8000/;stream.nsv
Zusammenfassung
Mit den beschriebenen Funktionen ist das Aufnehmen mit einem Tonbandgerät nachgebildet, mit der zusätzlichen Möglichkeit, die Aufnahmedauer vorab festzulegen. Zusätzlicher Komfort wäre mit Hilfe des Betriebssystems zu ergänzen.