Vorbemerkung

RC3 - das heißt Release Candidate 3. Im November beschlossen wir in Frankfurt, das Thema im Februar auf die Tagesordnung zu setzen, da wir dachten, bis dahin wäre die finale Version fertig. Während ich diesen Artikel schreibe (Anfang Februar 2025), gibt es die finale Version von GIMP 3 noch nicht. Trotzdem ist schon so vieles klar, dass es sich lohnt, das Projekt hier vorzustellen.

GIMP ist ein freies Bildbearbeitungsprogramm, das auch Design- und Illustrationsmöglichkeiten bietet. Ein wichtiges Kennzeichen ist die Erweiterbarkeit durch Plug-Ins oder Skripte - zum Beispiel hatte ich in einem früheren UM-online-Artikel vorgestellt, wie GIMP mit Hilfe der NIK-Collection erweitert werden kann. Unterstützt werden hierbei Sprachen wie C, C++, Perl, Python oder Scheme. Durch geschickte Programmierung kann GIMP so auch mit anderen Programmen zusammen arbeiten - zum  Beispiel mit Darktable, das quasi als Vorschaltprogramm für RAW-Dateien genutzt werden kann. GIMP gibt es für viele Betriebssysteme: Windows, Linux und das Mac-OS gehören dazu.

Vor der Version 3 gibt es GIMP in der Version 2.10.38 vom Mai 2024. Die Versionen 2.10.x starteten im April 2018. Und schon da begann der Weg zu GIMP 3 - immer sorgfältig vom Entwicklerteam angekündigt und dokumentiert (www.gimp.org).  Die Zwischenversionen, die explizit nie als finale Versionen gekennzeichnet wurden, trugen schließlich die Nummern 2.99.x. Der Releae Candidate 1 von Gimp 3.0.0 erschien am 6.11.24, der RC2 am 27.12.24 und der RC3 am 10.2.25.

GIMP steht unter der GNU-Lizenz und erschien als Version 0.54 im Jahr 1996 - in 1998 gab es dann die Version 1.0. Es nutzt GTK, ein quelloffenes System zur Generierung von Benutzeroberflächen. GIMP 3.0.0 RC3 nutzt zur Zeit GTK 3.24.48, eine deutliche Weiterentwicklung, und GEGL 0.4.54, eine skriptgesteuerte Bibliothek mit Bausteinen für Bildbe- und -verabeitung. Damit sind viele neue Effekte möglich.

Start

GGIMP3 StartbildIMP 3 hat nun ein neues Startbild. Nicht nur vom Motiv her, sondern - wenn das Programm geladen ist - auch mit neuen Features versehen. Rechts sehen Sie das neue Startbild (auf dem aber immer noch "RC2" steht, was sich jetzt aber geändert hat!) - und die Neuigkeiten darin sind die Reiter, die am oberen Rand zu sehen sind, sowie die teilweise korrespondierenden Einträge im unteren Bereich des Fensters.

Im unteren Bereich gibt es Links auf die GIMP-Hauptseiten, verschiedene Anleitungen (Tutorials) und auf die Dokumentationen. Ebenso können Sie hier auf die Spendenseite kommen, bzw. sich im GIMP-Projekt über den Mitmachen-Link einbringen.

In der untenstehenden Leiste sehen Sie die anderen vier Startscreens, die man über die oberen Reiter der Reihe nach erreichen kann.

GIMP3 - Start - PersonalisierenGIMP3 - Start - MitmachenGIMP3 - Start - ErstellenGIMP3 - Start - Veröffentlichen

 

Am interessantesten für die meisten dürfte der "Erstellen"-Screen sein, denn von hier aus kann man ein existierendes Bild öffnen oder ein neues erstellen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist natürlich auch, dass GIMP auch RAW-Dateien zum Öffnen anbietet - hier wird dann erst einmal Darktable gestartet (es muss natürlich installiert sein), in dem man nun die RAW-Bearbeitung vornehmen kann. Beendet man Darktable, wird das Bild dann automatisch an GIMP zur Weiterverarbeitung übergeben.

Bildbearbeitung

Wenn ein Bild dann geöffnet ist, unterscheidet sich die Ansicht - je nach vorherigen Einstellungen - mehr oder weniger stark von dem, was man kennt. Da die Benutzeroberfläche stärker konfigurierbar ist, gibt es hier eventuell die ersten Unterschiede. Deutlich aber werden die Neuerungen, wenn man ein Bearbeitungstool geöffnet hat. Die "Regler", mit denen man nun  die Werte einstellt, sind in allen Dialogen einheitlich.

Das untenstehende Bild zeigt dies anhand einer gewissen Standardansicht:

GIMP in einer üblichen Ansicht

Rechts ist der "Pinsel-Dialog" geöffnet, und hier sehen Sie die neuen Reglertypen, die der verwendeten GUI geschuldet sind.

Abgesehen von den vielfältigen Änderungen in den Grundlagen, gibt es einige Punkte, die von den GIMP-Machern besonders als "neue Features" hervorgehoben werden.

Neues

AGIMP3 - zerstörungsfreies Bearbeitenls Erstes ist hier das durchgängig "zerstörungsfreie Bearbeiten" zu nennen. Dies bedeutet, dass - zum Beispiel unabhängig von der Bearbeitungsreihenfolge - jederzeit schon vorgenommene Änderungen zurückgenommen oder noch einmal bearbeitet werden können. Realisiert wird dies dadurch, dass die Bearbeitungen in einer bestimmten Ebene gespeichert werden, die dann ein vorgestelltes fx-Symbol erhält. Klickt man dieses im Verlauf der Bearbeitung wieder an, erscheinen alle vorgenommenen Änderungen zur erneuten Bearbeitung. Das Bild rechts zeigt hierfür ein Beispiel.

Hintergrund ist wohl, dass alle Veränderungen skriptgesteuert generiert werden - und hier werden wohl einfach die Parameter der Skripte nachträglich angepasst.

Das "zweite Neue" sind dynamische oder smarte Hilfslinien. In den Einstellungen der "Ansicht" lassen sich Menüpunkte wie "Am Begrenzungsrahmen einrasten" oder "Bei Äquidistanz einrasten" aktivieren.

Hat man Begrenzungsrahmen erstellt, lassen sich jetzt leicht Elemente relativ dazu positionieren.

Bei Äquidistanz einrasten wird das Positionieren von mehreren Elementen erleichtert, die eben den gleichen Abstand voneinander haben sollen - zum Beispiel bei buchstabenweiser generierter Schrift.

Die dritte grundsätzliche Neuigkeit betrifft eine Ausgabe für den Druck. Hier besteht das Problem darin, dass ein Bild im Allgemeinen im RGB-Format vorliegt, während für den Druck der CMYK-Farbraum (Cyan-Magenta-Yellow-Black) verlangt wird. GIMP bietet nun eine bessere CMYK-Unterstützung als bisher. Es gibt zwar immer noch nicht die Möglichkeit, direkt im CMYK-Farbraum zu arbeiten, aber man GIMP3 - CMYK-Ausgabekann sich ein Bild in einer Softproof-Ansicht ausgeben lassen, die auf einem (externen) CMYK-Profil basiert, das man zum Beispiel vom Druckdienstleister erhalten hat. Dieses wählt man in den Einstellungen unter "Bevorzugte Profile". Exportiert man nun das Bild, kann - wie der Screenshot links zeigt - in den "erweiterten Einstellungen" ein Häkchen bei "Als CMYK-Datei exportieren" gesetzt werden. Diese Datei kann dann an den Belichter weitergegeben werden.
Man nennt diese Arbeitsweise "CMYK-Workflow mit später Bindung".

GIMP3 - Outline-TextDer vierte Punkt betrifft "Outline-Text", also einen (farbig) umrandeten Text. Dieses Feature gehört nun zu den nicht-destruktiven Optionen, kann also auch später im Arbeitsprozess jederzeit wieder verändert werden.

Die Einstellungen sind in die Textbox integriert worden, die dadurch viel mehr Optionen als bisher enthält.

Rechts sehen Sie ein Beispiel für den Dialog und seine Anwendung.

Der fünfte Punkt betrifft Ebenen: es gibt nun eine Multi-Ebenen-Auswahl für Ebenengruppen.

Diese Gruppen können benamt werden. Auf sie sind dann vielfältige Operationen möglich, welche im Folgenden auf alle Ebenen der entsprechenden Gruppe angewandt werden.

Als Beispiel will ich verschiedene Textblöcke nennen, alle jeweils in einer eigenen Ebene angesetzt, die dann gruppiert werden. Eine Änderung der Schrift in Größe oder Stil beziehungsweise eine Outline-Eigenschaft kann dann auf die ganze Gruppe en bloc angewendet werden.

Plug-Ins

Leider können - wegen der vielfältigen Änderungen "im Unterbau" - bisherige Plugins im Allgemeinen nicht verwendet werden. Sobald GIMP 3 in eine finale Version übergeführt wurde, werden die Programmierer neue PlugIn-Richtlinien und Code-Beispiele veröffentlichen. Sicher werden dann die nachgefragtesten der bisherigen PlugIns bald auf die neue Version überführt.

Eine Ausnahme gibt es aber schon: das G'Mic-PlugIn (Grey's Magic for Image Computing) liegt schon in einer Beta-Version 3.5.0 vor. Es ist ein Open Source Framework für "Imageprocessing" und beinhaltet mehr als 600 (!) Filter und Effekte. Die Beta-Version ist extra für die RC-Versionen von GIMP3 erstellt worden. Hier kann man es herunterladen.
Nach dem Download packt man es aus. Unter Windows findet man dann den Ordner WIN64. Den darin befindlichen Unterordner kopiert man GIMP3 - G'Mic-PlugIndann komplett nach Appdata/Roaming/GIMP/3.0/plug-ins.
Startet man nun GIMP3, muss der Menüpunkt Filter einen neuen untersten Punkt "GMIC-QT..."enthalten. Je nachdem, ob schon ein Bild geöffnet ist oder nicht, ist dieser Eintrag wirksam oder ausgegraut vorhanden.

Ist ein Bild geöffnet, kann man also den G'Mic-Eintrag auswählen und erhält die beachtliche Filterliste - allerdings gruppiert - zur Auswahl. Öffnet man eine Gruppe, kann man den konkreten Effekt auswählen, der dann den Dialog mit den speziellen Filtereinstellungen zeigt. Das Bild rechts hier zeigt beispielhaft die Einstellungen eines DRI-Filters, der es erlaubt, die lokalen Kontraste näher zu beeinflussen.

GIMP und KI

Auch um GIMP macht der KI-Hype keinen Bogen. Es gibt mehrere Ansätze, KI in GIMP nutzbar zu machen - wie immer über PlugIns. Und da sind wir momentan mit GIMP3 aus den oben geschilderten Gründen noch nicht dabei.

Also zurück zu Gimp 2.10.x: Die letzte verfügbare Version ist 2.10.38 vom 2.5.2024. Als gut geeignet hat sich das KI-PlugIn von stablehorde erwiesen  (Download hier). Es arbeitet auf der Basis von Stable-Diffusion. Zur Nutzung benötigt man einen API-Key (beinhaltet eine eindeutige Zeichenfolge), der hier kostenlos erhältlich ist: https://stablehorde.net/register.

Den API-Key kopiert man in den Benutzer-Ordner, die 4 ".PY"-Dateien aus dem Download in den Unterordner Appdata\Roaming\GIMP\2.10\plug-in. 
GIMP 2 - KI-PlugInStartet man dann GIMP 2 neu, hat es einen neuen Menüpunkt: AI.

Am besten erzeugt man ein neues (gegebenenfalls leeres) Bild mit den Maßen 512 x 51 Pixel und führt dann eine der angebotenen KI-Operationen (siehe Bild links) durch.

Der Punkt Text2Img erzeugt ein oder mehrere Bilder aus einem Prompt. Möchte man dies ausführen, muss man zuerst in dem erscheinenden Dialog (siehe Bild rechts) ein "Model" aus der laGIMP 2 - Stablehorde-PlugInngen Liste auswählen. Die Auswahl garantiert allerdings nicht die (sofortige) Nutzung: Es kann passieren, dass "kein Operator" zur Verfügung steht, oder dass einem eine lange Wartezeit mit einem sehr hohen Startplatz in der Abarbeitungsqueue angezeigt wird. Dann kann man das Model wechseln  wenn es nicht eben genau dieses sein muss.

Anschließende wählt man entsprechende Parameter aus den angebotenen Optionen aus, gibt einen möglichst aussagekräftigen Prompt ein und klickt auf den OK-Knopf.

Nach einer Weile erscheint das gewünschte Ergebnis - hier: "an astronaut on the moon". Auf dieses Ergebnis lässt sich dann auch zum Beispiel "Upscale" ausführen, was dann das Bild mit KI-Unterstützung deutlich vergrößern kann, ohne die sonst üblichen Treppeneffekte an schrägen Kanten erscheinen zu lassen.

Fazit

GIMP 3 liegt halt noch nicht in einem endgültigen Release vor. Die neuen Möglichkeiten sind allerdings vielversprechend und lassen erwarten, dass sich das Projekt auf einem guten Weg zu einem erfolgreichen Tool befindet. Eine abschließende Bewertung steht allerdings eben noch aus.

Wer ältere PlugIns benötigt, wird wohl noch eine Weile mit GIMP 2.10.x.arbeiten müssen - das ist aber auch kein schlechter Weg!