Liebe Mitglieder und Freund:innen des AUGE e.V.,

seit meinem letzten Editorial sind schon mehrere Jahre vergangen, in dieser Zeit hat sich viel verändert. Von der politischen und gesellschaftlichen Weltlage will ich gar nicht anfangen, da reicht schon ein Blick auf unseren Verein. Seit der Mitgliederversammlung im Mai haben wir bereits zum zweiten Mal in den letzten Jahren einen Wechsel auf der Position des Schatzmeisters und vor einigen Monaten ist unser Büro umgezogen. Ein herzliches Dankeschön an alle aktuellen und ehemaligen Vorstände und Funktionsträger! (Mehr Infos finden Mitglieder im Protokoll der Versammlung.)

Sowieso ständig im Wandel ist natürlich die Welt der Technologie, mit der wir uns im Verein für Computeranwender so gerne beschäftigen. Generative KI (auf Englisch kurz GenAI) ist ein Trend, der weiterhin nicht abreißt, denn auch hier gibt es immer wieder neue Entwicklungen. War das Thema mit Vertretern wie ChatGPT und Midjourney zunächst fest in US-amerikanischer Hand, schockte vor einigen Monaten der chinesische Chatbot DeepSeek die Branche, da er mit wesentlich geringeren Ressourcen erstaunliche Ergebnisse ablieferte (allerdings auch staatlicher Zensur unterliegt - aber ich wollte ja nicht politisch werden). Auch Elon Musk und Mark Zuckerberg wollen natürlich ein Stück vom Kuchen und Europa ist dank der Pariser Firma Mistral und ihrem charmant betitelten Le Chat inzwischen ebenfalls prominent vertreten. Meine Versuche, zu argumentieren, dass "chat" auf Französisch doch eigentlich "Katze" heißt, waren allerdings weniger erfolgreich, siehe Bilder. Smile

Pro KI

Natürlich ist GenAI auch ein willkommenes und beliebtes Thema für Vorträge auf AUGE-Treffen und Artikel im User Magazin. Im Archiv findet sich dazu schon einiges aus den letzten Jahren - mehr ist aber immer gern gesehen, gehört und gelesen. Das ganze Thema ist weiterhin spannend und noch lange nicht auserzählt, denn wie gesagt kommen immer wieder neue Aspekte und Entwicklungen dazu. Was wir im User Magazin dagegen auf keinen Fall haben wollen, sind Texte, die mit KI erstellt wurden! Im letzten Jahr gab es einen Fall, der sich glücklicherweise als Missverständnis herausstellte, mich aber zunächst schockierte und zum Nachdenken brachte. Ein Mitglied hielt auf einem Treffen einen sehr schön gemachten Vortrag über ein privates Projekt, das mit zahlreichen eigenen Informationen und Fotos präsentiert wurde. Zu einem Aspekt davon wurden ein paar zusätzliche Informationen angereichert, die von einer KI stammten. So weit, so gut - ob man zur Recherche Wikipedia oder ChatGPT verwendet, ist letztlich egal. Der Schock kam kurz darauf, als ein den Vortrag begleitender UM-Artikel eingereicht wurde - an sich ein gewöhnlicher Vorgang. Doch der "Artikel" bestand hauptsächlich aus den im Vortrag verwendeten Bildern mit nur einer kurzen Einleitung und im Anschluss mehrere Absätze offensichtlich komplett KI-generiertem Text (die erwähnten Zusatzinfos). Fassungslos dachte ich erst einmal ein paar Tage darüber nach, wie ich damit umgehen sollte. Schließlich kontaktierte ich das Mitglied, um ihm mitzuteilen, dass ich das so nicht veröffentlichen kann. Als Antwort kam glücklicherweise kein Protest, sondern Verständnis und eine Erklärung: Der Beitrag war gar nicht fürs UM gedacht, sondern als Vortragsmanuskript. Es war lediglich die falsche Form dafür gewählt worden und die Einreichung wurde prompt zurückgenommen. Der Sündenfall war also abgewendet. Wink

Kontra KI

Aber warum bin ich eigentlich so sehr dagegen, KI-generierte Texte im UM zu veröffentlichen? Dafür gibt es zwei zentrale Gründe:

  • Der erste ist, worum es im User Magazin meiner Meinung nach geht bzw. gehen sollte: eigene Erfahrungen und persönliche Sichtweisen zu teilen. Generische Informationen (und wenn wir ehrlich sind, leider oft Falschinformationen) findet man überall. Ein Verein lebt von seinen Mitgliedern und deren persönlichen Geschichten, Projekten und Interessen, die sie teilen. Sei es als Vortrag vor Publikum, als Artikel auf der Webseite oder einfach nur im Gespräch am Stammtisch. Welchen Sinn hätte es da, unpersönliche Texte wiederzugeben, die sich jede Person auch selbst generieren könnte? Viel schöner ist es doch, etwas zu erfahren, was man nirgendwo sonst bekommt, weil es sich jemand selbst erarbeitet hat und anderen zeigen möchte.
  • Der zweite Punkt ist deutlich handfester: Für UM-Artikel, wie auch für Vorträge auf AUGE-Treffen, bekommt man ein Honorar! Bezahlt wird pro Wort und pro Bild, dementsprechend wird natürlich davon ausgegangen, dass diese auch vom Autor oder der Autorin selbst stammen. Ein Plagiat oder automatisch erzeugter Inhalt stellt aus meiner Sicht keine ausreichende Eigenleistung dar, die eine Vergütung rechtfertigen würde. Natürlich darf ein Artikel über KI entsprechende Beispiele enthalten, die als solche gekennzeichnet sind. Aber das eigentliche Werk muss immer noch von der Person stammen, die ihren Namen drüberschreibt.

Ich denke, diese Punkte sind verständlich und eigentlich auch selbstverständlich. Der Fall vom letzten Jahr brachte mich aber dazu, das mal aufschreiben zu wollen. Damit will ich niemanden abschrecken, sondern im Gegenteil Leute motivieren, auch mal etwas beizutragen. Das Einreichen von Artikeln und das Beantragen von Vortragshonoraren sind ganz einfach über die AUGE-Homepage möglich. Ich würde mich freuen, wenn es in Zukunft wieder mehr für mich als Redakteur zum Redigieren gäbe.

Arvid Poloczek